Wieviele Spuren braucht eine Autobahn und wieviel Autobahn braucht der Mensch?

Redebeitrag auf der Raddemo gegen den Ausbau der A44 vom 7.7.2024

Immer wieder kommt das Argument mit den steigenden Verkehrszahlen für den Güterverkehr und der Notwendigkeit eines Ausbaus der dafür notwendigen Autobahnen. Zunächst gibt es diese Zahlen vom Verkehrsministerium mit Steigerungen von 50 % im Güterverkehr bis 2050 (Zitat). Die können wir glauben oder nicht, aber vor allem können wir sie bewerten: wollen wir das oder nicht?

Abgesehen davon, dass Güter auf die Bahn gehören und nicht auf die Straße, stellt sich die Frage, ob es über den Ausbau von Autobahnen überhaupt funktioniert, diesen zusätzlichen (Güter-)Verkehr zu regelen. In Frankfurt soll die A5 auf dann 10 Spuren ausgebaut werden! Diese „One-more-lane-will-fix-it“-Politik hat in den letzten Jahrzehnten noch nie funktioniert. Es wird immer Staus geben, wenn wir nicht grundsätzlich umsteuern und den ÖPNV sowie den Schienengüterverkehr stärker ausbauen.

In Kassel wurde die A7 in den letzten Jahren schon auf 8 Spuren ausgebaut und es gibt schon heute die Diskussion, ob das denn überhaupt reicht!

Die A49 wird von Süden her durch den Danneröder Wald geschreddert und sorgt auch für mehr Verkehr. Jetzt kommen die Pläne die A44 südlich von Kassel und die Bergshäuser Brücke von vier auf sechs Spuren zu verbreitern. Reicht das dann? Ich glaube nicht, wenn wir nicht grundlegend umsteuern! Wann gibt es hier in Kassel 10-spurige Autobahnen? Soll das immer so weiter gehen und wollen wir das wirklich? Nein, ich denke nicht!

Schauen wir nach Paris. Eine 2 Mio Stadt. Zehn mal so groß wie Kassel, die brauchen auch Waren, da gibt es auch Güterverkehr. Was macht die Bürgermeisterin dort? Seit Jahren ist Verkehrsberuhigung ihr Schwerpunktthema. Die Stadtteile werden verkehrsberuhigt, Strassen werden gesperrt und Plätze begrünt, Parplätze zu tausenden abgeschafft, Tempolimits und erhöhte Parkgebühren eingeführt.

Der Autobahnring um Paris wurde halbiert. Eine Seite für Bus- und Radwege reserviert. Bisher darf man auf der anderen Seite noch 70 km/h fahren, ab Herbst nur noch 50 km/h. Eine Stadtring-Autobahn wird zu einer Ortsstraße, Straßen-Rückbau ist möglich! Zuletzt gab es ein Volksentscheid zu nochmals erhöhten Parkgebühren für SUVs, der mit der Mehrheit von den Bevölkerung angenommen wurde.

Warum können die das und im beschaulichen Kassel soll das nicht möglich sein? Ich bin der Meinung wir brauchen hier in Kassel nicht „mehr Frankfurt“, sondern „mehr Paris“! Ich glaube sogar, dass diese alte Brücke in Bergshausen weg kann und keine neue gebaut werden muß! Oder wir wir legen Schienen drauf und machen eine Bahnbrücke daraus, für all die Güter, die dann noch unbedingt transportiert werden müssen.

Wie kommen wir dahin? Was bringt das alles, was wir hier machen?

Eine weitere Raddemo starten? Der Hessische Rundfunk produziert ein paar Bilder für 20 Sek Hessenschau, Petitionen unterschreiben, Einwendungen einreichen, was bringt das alles?

Ich komme aus Kaufungen. Dort sollen 70 km A44 mit 18 Brücken und 15 Tunnels gebaut werden. Gegen die A44 im Osten von Kassel gibt es seit 30 Jahren Widerstand. Dank dem BUND wurden viele Planfeststellungen verzögert, beklagt und verbessert. Und ja, die Hälfte der A44 dort ist schon gebaut. Nur noch ein Abschnitt der A44 ist noch nicht Planfestgestellt und zwar der bei uns in Kaufungen!

2006 gab es den ersten Versuch, der sang und klanglos in der Schublade verschwand. 1.000 Einwendungen kamen da zusammen, bis heute gab es keine Bestätigung für den Eingang einer Einwendung. Wir haben nie wieder etwas von ihr gehört.

Nach 15 Jahren(!) 2021 gab es den zweiten Versuch: 2.000 Einwendungen. Bis heute, nach drei Jahren, haben wir wieder weder eine Eingangsbestätigung bekommen, noch gab es ein Erörterungsverfahren. Das ist der nächste Schritt, vor der endgültigen Planfeststellung, die dann auch noch einmal beklagt werden kann.

Nur durch einen Zeitungsartikel wissen wir, dass die Behörde weitere Daten erheben muß, da die meißten veraltet sind und einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Und, dass eine zusätzliche Variante geprüft werden soll. Das dauert dann wieder 5-8 Jahre. Und dann sehen wir weiter.

Also, ich kann sagen: Einwendungen können etwas bewirken! Die erste urkundliche Erwähnung der A44 von Kassel nach Eisenach ist von 1927. In drei Jahren feiern wir: „100 Jahre keine A 44 in Kaufungen!“. Ihr seid jetzt schon einmal alle herzlich dazu eingeladen!

Auch hier im Verfahren ist der BUND beteiligt. Es gibt immer mehr Argumente diese Brücke nicht neu zu bauen und die Wahrscheinlichkeit, dass sie überhaupt nicht mehr gebaut wird, steigt von Jahr zu Jahr!

Und deshalb, laßt uns weiter für eine soziale ud ökologische Mobilitätswende kämpfen, für einen leistungsfähigen ÖPNV und vor allem für „die Güter auf die Bahn“! Lasst uns weiter wie heute präsent auf den Straßen sein und diesen irren Brückenneubau verhindern. Und vor allem schreibt Einwendungen bis zum 20.7., es ist sehr einfach und: es lohnt sich!

Vielen Dank dass ihr hier und heute dabei seid!

Die öffentliche Bekanntmachung des RP und die Planungsunterlagen findest Du hier.

Formulierungshilfen für deine persönliche Enwendung findest du hier

Eine fertige Beispieleinwendung findest du hier.