Mustereinwendung

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Regierungspräsidium Gießen

Marburger Str. 91

35396 Gießen

EINWENDUNG

im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit zum Vorhaben der Ferrero OHG, veröffentlicht im hessischen Staatsanzeiger StAnz. 46/2022 vom 14.11.22, RPGI-43.1-53e1860/27-2015/13

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen die oben genannten Planungen der Ferrero OHG erhebe ich Einwendung. Die Einwendungen beziehen sich dabei sowohl auf die eigentliche Baumaßnahme wie auch auf den vorzeitigen Beginn mit oberirdischen Rodungen im Sinne einer Baumfällung von 3,35 ha Waldfläche im Geltungsbereich des Bebauungsplans nach § 8a Abs. 1 BImSchG.

Ich bin betroffen, weil es für mich ist es von größter Wichtigkeit, dass das Pariser Klimaschutzabkommen eingehalten wird. Das bedeutet, dass Bäume zu schützen und zu erhalten sind, weil sie einen wichtigen Beitrag zum Abbau von klimaschädlichen Gasen leisten und dass jede Baumaßnahme, die mit einem Ausstoß von Kohlendioxid verbunden ist, auf seine Notwendigkeit hin zu überprüfen ist.

Ausserdem ist für die Erweiterung des Betriebsgeländes von Ferrero die Notwendigkeit nicht überprüft worden und auch nicht, ob es nicht Alternativen gibt, die eine Modernisierung der Produktion von Mon-Cheri ermöglichen, ohne Bäume zu roden. Eine Walderhaltungsabgabe (vgl. S. 86 der entscheidungsrelevanten Unterlagen) ist dabei keinesfalls geeignet, die durch die Rodung verursachten Klimaschäden zu kompensieren.

Weitere Befürchtungen sind: ein höheres Verkehrsaufkommen, damit verbunden: höhere Immissionen und schlechtere Luft, weil die gerodeten Bäume keine Luft mehr reinigen können. Durch die steigende Versiegelung von Flächen geringerer Lufttausch der Bäume , Absinken des oberflächennahen Grundwasserspiegels durch wasserhaltende Baumwurzeln, Klimaerwärmung und nachfolgende Schäden an Mensch und Natur.

Ich mache die Einwendungen aus folgenden Gründen geltend:

I. Die vorgelegten Unterlagen sind unzureichend, fehlerhaft und/ oder widersprüchlich ….

1) … in Bezug auf die Prüfung von Alternativen

2) … in Bezug auf die Beschreibung des Bodens vor Ort

3)  … in Bezug auf den Umgang mit dem Boden vor Ort

4) … in Bezug auf die Nutzung des Standortes der jetzigen Mon-Cheri Produktion

5) … in Bezug auf den Rückbau der Grundwassermessstelle P 4

6) … in Bezug auf die Auswirkungen durch den Eingriff in grundwasserführende Schichten

7) … in Bezug auf die Anforderungen an Wasserschutzgebiete

II. Der von Ferrero geplante Bau verstößt gegen geltendes Recht.

1) Mit der Baumaßnahme wird gegen §15, 44 und 45 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen.

2) Mit der Baumaßnahme wird gegen § 52 des Wasserhaushaltsgesetzes verstoßen.

3) Mit der Baumaßnahme wird gegen § 4,7 und 9 des Bundesbodenschutzgesetzes verstoßen.

4) Mit der Baumaßnahme wird das hessische Straßengesetz (§ 23) nicht eingehalten.

5) Es ist nicht klar, ob das hessische Waldgesetz (§12) eingehalten wird.

6) Die Baumaßnahme widerspricht dem Bundesklimagesetz.

7) Die Umweltverträglichkeitsprüfung widerspricht dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

Zu I. Die vorgelegten Unterlagen sind unzureichend, fehlerhaft und/ oder widersprüchlich …

1) … in Bezug auf die Prüfung von Alternativen

Nach § 16 des UVPG (1) hat ein Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen zu enthalten, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind, und die Angabe der wesentlichen Gründe für die getroffene Wahl unter Berücksichtigung der jeweiligen Umweltauswirkungen.

Die Umweltverträglichkeitsstudie enthält keine vernünftigen Alternativen, die dasselbe Ziel verfolgen wie die Baumaßnahme. Ferrero gibt an, die Baumaßnahme diene der Modernisierung der Produktion von Mon Cheri. Die angegebene Alternative, die Produktion von Mon Cheri einzustellen, verfolgt dieses Ziel nicht. Damit ist z. B. nicht überprüft worden, ob die Modernisierung der Anlage nicht am jetzigen Standort durchgeführt werden kann. Diese Alternative würde aber sämtliche der aufgelisteten Risiken vermeiden. Und es ist auch nicht überprüft worden, ob es nicht möglich ist, die Baumaßnahme an einem anderen Ort durchzuführen oder ohne Abtragung des Geländes – auch das würde etliche Risiken vermeiden. Es ist auch nicht erkennbar, warum eine neue Kälteanlage, ein Alkohollager und ein Wertstoffzwischenlager erforderlich sind.

2) … in Bezug auf die Beschreibung des Bodens vor Ort

Laut der Umweltverträglichkeitsprüfung (S. 12) wurden die Altlasten saniert und gelten auf dem Betriebsgelände als beendet. Allerdings hat es auf dem Betriebsgelände von Ferrero keine Sanierungsmaßnahmen gegeben. Das zeigt sich u. a. daran, dass auf dem Gelände noch von dem Vorhandensein von Kampfmitteln ausgegangen wird. Dies macht eine systematische Sondierung auf Kampfmittel vor Beginn der Bauarbeiten notwendig (vgl. S. 178 der entscheidungsrelevanten Unterlagen).

Anders als in Unterlage 9.3. (Untersuchung Bodenmaterial) dargestellt, weist bei der Beurteilung der Ist-Situation des Bodens nicht nur eine von fünf Proben Werte auf, die eine Einordung in die unschädliche Schadstoffklasse Z 0 verbieten. Vielmehr ist nur eine der fünf Proben unbedenklich. Eine Probe liegt mit 0,0194 Mikrogramm an sprengstofftypischen Verbindungen nur sechs zehntausendstel unter dem Grenzwert von  0,02 Mikrogramm, zwei Proben überschreiten diesen Wert deutlich. Ungeachtet dessen, dass diese optisch unauffälligen Mischproben also nicht in einer Wasserschutzzone eingebaut werden dürfen, gibt es bisher kein Konzept zur Beprobung und zur Entsorgung der über 60.000 Kubikmeter Boden, die im Rahmen der Baumaßnahme  abgetragen werden sollen.

3)  … in Bezug auf den Umgang mit dem Boden vor Ort

Laut S. 62 der „Entscheidungserheblichen Unterlagen“ können die möglichen Bodenverunreinigungen auf dem Altlastenstandort im Planungsraum noch nicht beurteilt werden. Wegen der möglichen Kontamination des Bodens hat Ferrero dennoch Vorgaben bei den Rodungsarbeiten zu erfüllen. Ferner fordert das Regierungspräsidium die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Nach der neuen DIN 19639 (vgl. DIN 19639 – Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben, von S. Lazar und S. Bierwirth) ist dabei neben der Datenerfassung eine Bewertung und die Beschreibung von Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen erforderlich. Nach dieser Norm ist das entsprechende Bodenschutzkonzept bereits zur Genehmigungsplanung zu erstellen.  In Anbetracht der Relevanz des Boden- und Wasserschutzes für die Genehmigung ist es unerlässlich, dass diese Dokumente vor Genehmigung einer vorzeitigen Rodung vorliegen. 

4) … in Bezug auf die Nutzung des Standortes der jetzigen Mon-Cheri Produktion

Ferrero schreibt, die Altanlage werde nach Inbetriebnahme der Neuanlage stillgelegt. Es solle Raum für weitere Produktionsanpassungen geschaffen werden (vgl. S. 6 der Umweltverträglichkeitsstudie). Eine Erhöhung der Produktionsleistung sei nicht vorgesehen, so Ferrero, allerdings bezieht sich dieser Satz in diesem Zusammenhang allein auf Mon Cheri.  Die Formulierung „ist nicht vorgesehen“ impliziert dabei, dass Pläne auch schnell geändert werden können. In dem Fall würde der Bau der Anlage doch zu einer Erhöhung der Produktionsleistung führen, ohne dass dies Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung wäre. Das unterläuft die Intention einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Daher ist vor einer Genehmigung zu konkretisieren, wie die alte Fläche genutzt wird, sobald die Mon Cheri Produktion in die neue Anlage verlegt ist.

5) … in Bezug auf den Rückbau der Grundwassermessstelle P 4

Es erschließt sich aus den Unterlagen nicht, warum die Messstelle P 4 mit Konzentrationen zwischen 100 und 1.600 Mikrogramm/ Liter sprengstofftypischer Verbindungen ersatzlos gestrichen werden darf und warum diese Messstelle, die seit vielen Jahren beprobt wird, gerade jetzt nicht mehr notwendig sein soll, wo Ferrero Baumaßnahmen durchführen möchte.

6) … in Bezug auf die Auswirkungen durch den Eingriff in grundwasserführende Schichten

Die Unterlagen sehen einen Eingriff in grundwasserführende Schichten innerhalb der Wasserschutzzone II in unmittelbarer Nähe zu Trinkwassergewinnungsanlagen vor. Einen ähnlichen Eingriff beim aktuellen Bau der Gleentalbrücke bezeichnete der ehemalige Leiter des Zweckverbandes Mittelhessische Wasserwerke Karl-Heinz Schäfer als „Operation am offenen Herzen“, weil die wichtige Boden-Schutzschicht über dem Wasser unwiederbringlich zerstört wird und mit den Fundamenten Schadstoffe in das Wasser eindringen können. Es ist nicht ersichtlich, warum dieser Eingriff notwendig ist und warum für diesen Eingriff eine Ausnahme von den Vorgaben der Schutzgebietsverordnung erteilt werden soll bzw. darf. In der Umweltverträglichkeitsstudie findet sich keine Beschreibung von Alternativen und auch keine Beschreibung von Maßnahmen, die im Falle eines Eintritts des Risikos Schaden für das Trinkwasser abwenden können.

7) … in Bezug auf die Anforderungen an Wasserschutzgebiete

Bisher ist nicht klar, ob sämtlichen Anforderungen an Wasserschutzgebiete entsprochen wird, wie z. B. die wasserundurchlässige Asphaltierung und die Verkehrsflächenentwässerung nach RiStWag 2016 (vgl. S. 36 der „Entscheidungserheblichen“ Unterlagen). Vor Genehmigung der vorzeitigen Rodung muss allerdings sichergestellt sein, dass der Wasserschutz beachtet wird.

Zu II) Der von Ferrero geplante Bau verstößt gegen geltendes Recht.

1) Mit der Baumaßnahme wird gegen §15 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen. Danach ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Gegen diesen Paragraphen wird verstoßen, weil die geplanten Eingriffe vermeidbar sind. Zum Beispiel könnte Ferrero könnte die Produktion von Mon Cheri auch am jetzigen Standort durchführen. Auf diese Weise könnte der Wald erhalten bleiben. In der Umweltverträglichkeitsprüfung ist diese naheliegende Alternative nicht geprüft und damit auch nicht begründet, warum diese Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, obwohl auch das in §15 BNatSchG gefordert ist.

Mit der Baumaßnahme wird außerdem gegen §44 des Bundesnaturschutzgesetzes verstoßen. Denn Waldameisen dürfen der Natur nicht entnommen werden (vgl. https://ameisenschutzwarte.de/rechtliche-grundlagen-des-ameisenschutzes ). Nach § 45 können von dem Verbot in bestimmten Fällen Ausnahmen zugelassen werden. Eine Lagererweiterung von Ferrero zählt aber nicht zu den unter §45 (7) aufgelisteten Ausnahmen. Eine Ausnahme darf auch nur dann zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind. Es ist eine zumutbare Alternative, dass Ferrero die Mon Cheri Produktion am jetzigen Standort modernisiert. 

2) Mit der Baumaßnahme wird gegen § 52 des Wasserhaushaltsgesetzes verstoßen. Demnach kann eine zuständige Behörde nur dann eine Befreiung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung erteilen, wenn der Schutzzweck nicht gefährdet wird oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Es handelt sich hier nicht um eine Baumaßnahme zum Wohl der Allgemeinheit. Zur Gefährdung des Schutzzweckes urteilte das Verwaltungsgericht Würzburg (AZ W4K 17.827 vom 14.11.17): „Bei der Erteilung einer Befreiung von den Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Danach ist eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers nur dann nicht zu besorgen, wenn die Möglichkeit ihres Eintritts aufgrund der wasserwirtschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen, wie es auch bei ungewöhnlichen Umständen, nach menschlicher Erfahrung unwahrscheinlich ist. Unmaßgeblich ist dabei auch die Schwere des Grades der zu besorgenden schädlichen Verunreinigung, da §52 WHG jede Verschlechterung der Eigenschaften des Grundwassers gegenüber dem vorherigen Zustand, sei es auch nur graduell und in geringstem Ausmaß, verhindern will.“

Die dargestellten Risiken der Baumaßnahme lassen es nach menschlichem Ermessen nicht als unwahrscheinlich gelten, dass eine Verschlechterung des Grundwassers eintritt. So urteilt das hessische Landesamt für Natur, Umwelt und Geologie: „Ein Restrisiko aufgrund der umfangreichen Bodeneingriffe, Bodenaufschüttungen und Baumaßnahmen dieses Bauvorhabens bleibt trotz Nebenbestimmung für die Qualität für die Qualität des genutzten Grundwasservorkommens bestehen.“

3) Mit der Baumaßnahme wird gegen § 4, 7 und 9 des Bundesbodenschutzgesetzes verstoßen.

a) Nach §4 (1) BBodschG hat sich jeder, der auf den Boden einwirkt, so zu verhalten, dass schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden. 

Es ist nicht sicher, dass mit der Rodung von über drei Hektar nicht gegen diesen Paragraphen verstoßen wird. Denn Studien haben nachgewiesen, dass verschiedene Pflanzenteile sprengstofftypische Verbindungen aufnehmen und auch wieder freisetzen können. Mit dieser Freisetzung können schädliche Bodenveränderungen verbunden sein. Eine thermische Verwertung des gerodeten Holzes allein kann dies nicht verhindern, da sich auch Nadeln mit den Giften anreichern können. Diese fallen bei den geplanten Rodungsarbeiten vermehrt auf dem Boden, wo über Niederschlag die sprengstofftypischen Verbindungen ausgewaschen werden können und in den Boden bzw. ins Grundwasser gelangen (vgl. S. 56 der entscheidungsrelevanten Unterlagen und den Leitfaden Rüstungsaltlasten von A. Joos).

b) Nach §4 (2) BBodschG ist der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen. Solche Maßnahmen sind bisher nicht hinreichend bekannt. Bisher ist z. B. keine Probenahmestrategie bekannt, wie sie u. a. im hessischen Baumerkblatt (2018, S.  6) gefordert ist und ebenso wenig ein Bodenmanagementkonzept, wie nach der DIN 19639 „Bodenschutz bei der Planung und Durchführung von Bauvorhaben“ erforderlich.

c) Nach §7 BBodschG sind der Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen lässt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können, verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen.  Diese Verpflichtung wurde bisher nicht umgesetzt. Stattdessen heißt es im Konzept Fremdüberwachung (19.6.2. Nr. 15): „Für die Verfüllung der Baugrube sowie andere Bodenauffüllungen kann das Vor-Ort angetroffene Bodenmaterial verwendet werden, sofern es nach Inaugenscheinnahme nicht mit Verunreinigungen versetzt ist, von denen einen Grundwassergefährdung ausgeht.“  Diese Bestimmung ist nicht geeignet, den Wasserschutz zu gewährleisten. Denn drei der fünf im Vorfeld von Ferrero durchgeführten Beprobungen von offensichtlich unauffälligem Material wiesen Werte auf, die einen Einbau in der Wasserschutzzone verbieten, eine vierte Probe hat die Grenzwerte nur minimal unterschritten. (vgl. die Ausführungen zu Punkt I 2 Beschreibung des Bodens vor Ort)

d) §7 BBodschG besagt außerdem: „Zur Erfüllung der Vorsorgepflicht sind Bodeneinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies auch im Hinblick auf den Zweck der Nutzung des Grundstücks verhältnismäßig ist.“  Es ergibt sich aus den Unterlagen keine Erklärung, warum es unmöglich ist, das Bauvorhaben ohne eine Abtragung des Geländes durchzuführen. Die Bodeneinwirkungen könnten auch vermieden werden, wenn eine Modernisierung der Produktionsanlage von Mon-Cheri am jetzigen Standort durchgeführt würde. Beide Maßnahmen wären durchaus verhältnismäßig im Sinne des Gesetzes.

e) Nach §9 BBodschG soll eine Behörde zur Ermittlung des Sachverhalts die geeigneten Maßnahmen ergreifen, falls ihr Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Bisher konnte das Regierungspräsidium in Ermangelung von Daten keine genauen Maßnahmen vorgeben (vgl. S. 55 und 67 der entscheidungserheblichen Unterlagen). Demnach ist es verfrüht, dem Antrag auf vorzeitige Rodung stattzugeben.

4) Mit der Baumaßnahme wird das hessische Straßengesetz (§ 23) nicht eingehalten:  Nach Seite 113 der „Entscheidungserheblichen Unterlagen“ wird die straßenrechtliche Bauverbotszone nicht eingehalten. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das tolerabel ist.

5) Es ist nicht klar, ob das hessische Waldgesetz (HWaldG §12) eingehalten wird.

a) Nach §12 (3) HWaldG ist die Genehmigung zur Waldumwandlung zu versagen, wenn Belange des Naturschutzes, der Wasserwirtschaft, der Landeskultur oder der Landschaftspflege erheblich beeinträchtigt würden. In Ermangelung von genauen Untersuchungen zur Abschaltung des Brunnens ASB 8 und des Rückbaus der Messstelle P4 ist nicht gesichert, dass keine erhebliche Beeinträchtigung der Wasserwirtschaft zu besorgen ist. Auch das bisherige Konzept, dass Boden nur bei Auffälligkeiten beprobt werden soll ist dagegen Grund zur Annahme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgutes Boden und durch Auswaschung dann auch des Schutzgutes Wasser durchaus im Bereich des Möglichen liegt.

b) Nach §12 (5) HWaldG ist eine Walderhaltungsabgabe als Kompensation nur dann zulässig, wenn Ersatzforstungen nicht möglich sind. In den Unterlagen findet sich keine Prüfung einer solchen Ersatzforstung.

6) Die Baumaßnahme widerspricht dem Bundesklimagesetz: Nach § 3 des Bundes-Klimaschutzgesetzes sind die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 bis 2030 um mindestens 65 % zu reduzieren. Das schließt die vorgesehene Rodung und den mit klimaschädlichen Gasen verbundenen Neubau einer Produktionsstätte aus ohne den Nachweis einer absoluten Notwendigkeit aus.

7) Die Umweltverträglichkeitsprüfung missachtet die Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG).

a) Nach § 16 des UVPG (1) hat ein Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens eine Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen zur Verhinderung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen zu enthalten. Und nach § 16 des UVPG (3) hat ein Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens weitere in Anlage 4 genannte Angaben zu enthalten, soweit sie für das Vorhaben von Bedeutung sind. Diese Vorgaben werden nicht in allen Belangen eingehalten.

      i.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält  nur unvollständig die in Anlage 4 unter  4) geforderte Beschreibung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens.

     ii.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält nur unvollständig die in Anlage 4 unter  1 c)  geforderte Beschreibung der wichtigsten Merkmale der Betriebsphase des Vorhabens (insbesondere von Produktionsprozessen).

   iii.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält keine Untersuchung der Abschaltung des Förderbrunnens ASB 8,

   iv.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält keine Untersuchung über die Auswirkung des Rückbaus von Grundwassermessstellen, obwohl mit ihnen u. a. die Belastung des Wassers mit Giften aus der Sprengstoffproduktion gemessen wird.

    v.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält keine Untersuchung zur möglichen Freisetzung von giftigen, sprengstofftypischen Verbindungen.

   vi.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält keine Untersuchung der Auswirkung der Versiegelung großer Flächen auf die Quantität der Grundwasserneubildung.

 vii.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält keine Analyse des Risikos durch den Eingriff in grundwasserführende Schichten (Vgl. die entscheidungsrechtlichen Unterlagen S 175ff).

viii.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält in der Beschreibung der Auswirkungen des Klein-Klimas am Standort (UVP S. 26) keine Aussage über die mit der Rodung und Versiegelung der Fläche verbundene erhebliche Verschlechterung des Klimas vor Ort.

   ix.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält – anders als in Anlage 4 Punkt 6 gefordert – keine Aussagen zum Umgang mit potentiell schadstoffhaltigem Boden bzw. ein Bodenmanagementkonzept.

    x.            Die Umweltverträglichkeitsprüfung enthält keine Beschreibung und Gegenmaßnahmen für die Gefahren, die mit dem Eintrag von Niederschlagswasser über offene Baugruben verbunden sind oder auch über vorhandene Klüfte, über die Niederschlagswasser deutlich schneller in den Untergrund gelangen kann (vgl. S. 135 der „EntscheidungserheblichemUnterlagen“).

   xi.            Die Umweltverträglichkeitsstudie berücksichtigt lediglich die E- und Immissionen, die sich aus dem Neubau ergeben, nicht aber die, die mit einer neuen Nutzung des Standortes der Altanlage verbunden sind.

b) Nach § 16 des UVPG (1) hat ein Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens eine Beschreibung der vernünftigen Alternativen zu enthalten. Eine solche fehlt (vgl. die Ausführungen zu Punkt I 1:  Prüfung der Alternativen)

c) Die in Anlage 4 (3) geforderte Beschreibung des aktuellen Zustands der Umwelt ist lücken- bzw. fehlerhaft (vgl. die Ausführungen zu Punkt I 2, Beschreibung des Bodens vor Ort)

d) Nach § 16 des UVPG (5.1) müssen die enthaltenen Angaben ausreichend sein, um der zuständigen Behörde eine begründete Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 25 (1) zu ermöglichen. Dies ist nicht der Fall, wie auf den vorherigen Seiten ausgeführt.

e) Durch das Fehlen wichtiger Elemente kann die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nicht bewerten und begründen. Dies ist besonders gravierend im Hinblick auf die geplante Tieferlegung des Brunnens ASB 8.

Aus diesen genannten Gründen fordere ich, dass Sie der vorzeitigen Rodung des Betriebsgeländes von Ferrero nicht zuzustimmen, damit nicht unumkehrbare Fakten geschaffen werden.

Ich behalte mir vor, weitere Einwendungen zu erheben und meine Einwendungen beim Erörterungstermin vertieft darzustellen.

Bitte bestätigen Sie mir den fristgerechten Eingang meines Schreibens und halten Sie mich bei allen Verfahrens- und Genehmigungsschritten auf dem Laufenden.

Mit freundlichen Grüßen

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